

Du bist kürzlich mit deinem Mann von der Stadt aufs Land gezogen und renovierst dort ein Architektenhaus. Was hat euch zu diesem Lebensstil- und Ortswechsel inspiriert?
Es gab mehrere Gründe, warum wir uns für den Umzug von der Stadt aufs Land entschieden haben. Zum einen war da der Wunsch nach mehr Ruhe und Freiraum – in Hamburg lebten wir zur Miete, was uns in unserer kreativen Entfaltung einschränkte. Seit der Geburt unseres Sohnes nutzten wir das städtische Angebot ohnehin immer weniger. Mich selbst zog es schon seit Jahren zunehmend in die Natur, und so wuchs der Wunsch, der Stadt vorerst den Rücken zu kehren.
Zum anderen wollten wir etwas Neues schaffen. Wir lieben die 60er-Jahre und den Stil des amerikanischen Mid-Century. Als wir schließlich ein passendes Haus besichtigten, rückte der Standort in den Hintergrund. Wir entschieden uns für das Haus, das Dorf – und für alles, was mit dieser Entscheidung einherging.
“Farben haben mich schon seit meiner Kindheit fasziniert. Ich liebe ihre Kraft und Ausdrucksstärke – und wie sehr sie die Wirkung eines Raumes oder auch die Ausstrahlung einer Person verändern können.”

Wir wissen, dass dein Hintergrund in Innenarchitektur und Farbtheorie nicht nur akademischer Natur ist, sondern tief in einer persönlichen Leidenschaft wurzelt. Kannst du uns ein wenig über deine langjährige Verbindung mit Farben erzählen – und darüber, wie sie deine Arbeit bis heute prägt?
Farben haben mich schon seit meiner Kindheit fasziniert. Ich liebe ihre Kraft und Ausdrucksstärke – und wie sehr sie die Wirkung eines Raumes oder auch die Ausstrahlung einer Person verändern können. Mit dem Einzug in unseren Hamburger Altbau vor sechs Jahren, und besonders während des ersten Lockdowns, hatte ich endlich die Ruhe und Zeit, mich intensiver damit auseinanderzusetzen. Die weißen Wände unseres Zuhauses wurden nach und nach zu einer Leinwand, auf der ich mit Wandfarben, passenden Möbeln und dekorativen Akzenten unseren ganz eigenen Stil entwickelt habe. Ich lasse mich täglich inspirieren – sei es durch Pinterest, Instagram oder Interior-Magazine.
Besonders interessante Farbkombinationen oder harmonische Kontraste halte ich direkt auf meinem Handy fest, um sie später bei eigenen Projekten aufzugreifen. Für mich ist das Gestalten mit Farben ein kreativer, sich ständig entwickelnder Prozess – und ein wichtiger Bestandteil meiner persönlichen Stilfindung.
Wie würdest du das Zusammenspiel von Farbe und Emotion beschreiben – und auf welche Weise beeinflusst das eine das andere?
Farben und Emotionen sind für mich ganz eng miteinander verbunden. Jede Farbe löst etwas in uns aus – oft unbewusst, aber immer spürbar. Warme Töne wie Ocker, Rost oder Terrakotta können Geborgenheit und Wärme vermitteln, während kühle Farben wie Blau oder Salbei Ruhe und Klarheit ausstrahlen. Ich finde es faszinierend, wie sehr Farben dieStimmung eines Raumes prägen können – und umgekehrt auch unsere eigene Stimmung beeinflussen.
Gerade in meinem gestalterischen Prozess spielt dieses Zusammenspiel eine große Rolle. Ich frage mich oft: Wie soll sich ein Raum anfühlen? Und welche Farben können genau dieses Gefühl transportieren? Dabei verlasse ich mich nicht nur auf Trends, sondern vor allem auf mein Bauchgefühl. Für mich ist das Arbeiten mit Farbe immer auch ein emotionales Schaffen: Intuitiv, persönlich und ständig im Wandel.
Kontraste spielen eine wichtige Rolle – sowohl in deiner Arbeit als Interior Designerin als auch in deinem kreativen Schaffen. Kannst du ein wenig darüber erzählen, wie du mit ihnen arbeitest und was dich an diesem dynamischen Ansatz besonders fasziniert?
Kontraste sind für mich ein zentrales Gestaltungselement – sie bringen Spannung in einen Raum und machen ihn lebendig. Ich mag es, Gegensätze bewusst einzusetzen: Warm trifft auf kühl, weich auf klar, hell auf tief. Dabei geht es mir nicht um Lautstärke oder Provokation, sondern um Balance. Ich finde es spannend, wenn Materialien, Farben oder Formen sich gegenüberstehen, sich aber gleichzeitig gegenseitig ergänzen. Im Interior Design bedeutet das zum Beispiel, natürliche, erdige Töne mit klaren grafischen Linien zu kombinieren oder weiche Texturen in reduziert gestaltete Räume zu bringen. Diese Mischung aus Ruhe und Spannung, Klarheit und Emotion zieht sich durch viele meiner Projekte. Ich glaube, gerade durch Kontraste entsteht Persönlichkeit – im Raum genauso wie im kreativen Ausdruck.
“Für mich ist das Arbeiten mit Farbe immer auch ein emotionales Schaffen: Intuitiv, persönlich und ständig im Wandel.”

Du steckst mitten in der Renovierung eures Hauses – wie bist du an die Entwicklung der Farbpalette herangegangen, und warum ist dieser Aspekt für dich so entscheidend für das Gesamtkonzept?
Die Farbpalette für unser Mid-Century-Architektenhaus ist über einen längeren Zeitraum entstanden. Am Anfang stand für mich immer die Inspirationssammlung: Ich habe mich durch Interior-Zeitschriften und Bücher geblättert, auf Pinterest gestöbert und alles gespeichert, was sich stimmig anfühlte. Im nächsten Schritt habe ich begonnen, die Farben zu sortieren. Dabei arbeite ich besonders gern mit dem Dictionary of Colour Combinations – ein kleines, aber unglaublichhilfreiches Buch, das viele harmonische Farbkombinationen zeigt. So konnte ich meine gesammelten Eindrücke, meine Vision und die Farbwelten, die mich ansprechen, gezielt zusammenführen.
Ich glaube, Farben werden sehr individuell wahrgenommen. Natürlich kann man auch ohne festes Farbkonzept schön wohnen. Aber wer mit den Dingen, die ihn umgeben, wirklich lebt – wem Harmonie wichtig ist und wer ein ausgewogenes Umfeld schaffen möchte – der wird ganz automatisch auf Farben und Formen achten, ob bewusst oder unbewusst. Hier kann es natürlich auch passieren, dass Farben und Farbkombinationen in der Vorstellung viel besser zusammenpassen als in der Realität. So geht es uns beispielsweise mit dem Schlafzimmer. Hier haben wir einen grün-goldenen Farbton mit einer bordeauxfarbenen Decke kombiniert. Ich mag die Kombination sehr, aber sie lässt den Raum leider auch sehr klein wirken.

Kürzlich ist das neue Torio Sofa von Noah bei euch eingezogen. Wie hast du die Farbpalette dafür ausgewählt – und was hat dich zu genau dieser Kombination inspiriert?
Um ehrlich zu sein: Es war keine leichte Entscheidung. Die 24 Nuancen, die in Zusammenarbeit mit Raw Color entstanden sind, sind untereinander so stimmig und harmonisch, dass unzählige Kombinationen denkbar – und vor allem passend – gewesen wären. Einige gestalterische Elemente im Raum standen jedoch bereits fest: Der Teppich war gesetzt, ebenso wie das Kunstwerk, das später hinter dem Sofa hängen sollte. Das hat mir bei der Farbauswahl eine klare Richtung gegeben. Ich orientierte mich deshalb bewusst an der bereits definierten Farbwelt aus Blau, Weinrot, Karamell, warmen Erdtönen und einem kräftigen Grün.
Wir haben viele Varianten ausprobiert – Farben im Konfigurator hin- und hergeschoben, Kombinationen verglichen, mit Licht und Raumwirkung gespielt. Am Ende haben wir uns für einen Mix aus Karamell und Burgunder entschieden. Eine Kombination, die für uns genau die richtige Balance zwischen Wärme, Tiefe und Charakter schafft.

Du arbeitest seit vielen Jahren mit Noah zusammen – was ist es an ihrem Design, das dich am meisten anspricht?
Für mich zählt nicht nur Ästhetik, sondern auch Funktionalität – und genau diese Kombination ist bei vielen Marken oft schwer zu finden. Mit Noah habe ich jedoch einen Partner gefunden, der beides auf überzeugende Weise vereint. Was mich besonders anspricht, ist das klare, reduzierte Design, das gleichzeitig durchdacht und spielerisch wirkt. Nehmen wir zum Beispiel den Spiegel Joy oder das Torio-Sofa: Klare Linien werden hier auf subtile Weise gebrochen, was den Entwürfen eine moderne Leichtigkeit und Tiefe verleiht. Man spürt, dass sich das Design stetig weiterentwickelt – zeitgemäß, aber nicht beliebig, mit einem klaren gestalterischen Anspruch. Das ist auch etwas, das ich in meiner eigenen Arbeit anstrebe. Ein weiterer, ganz praktischer Punkt: Die Bezüge der Sofas sind abnehmbar und waschbar – für mich mit Kleinkind ein absoluter Pluspunkt. Bei uns landen regelmäßig schmutzige Finger oder das Abendbrot auf dem Textil – da ist es einfach beruhigend zu wissen, dass Ästhetik und Alltagstauglichkeit hier kein Widerspruch sind.
“Statt direkt das ganze Zuhause durchzuplanen, hilftes, sich auf zwei bis drei Farbtöne zu konzentrieren, die man wirklich liebt und die miteinander harmonieren.”

Hast du drei Tipps für diejenigen, die sich auf die Reise zum ersten eigenen Zuhause begeben und beginnen, mit Farben in ihrer Innenraumgestaltung zu experimentieren?
Auf jeden Fall – und ich finde es großartig, wenn Menschen Lust haben, sich gestalterisch auszuprobieren. Farbe kann so viel bewirken und Räume wirklich verwandeln. Hier meine drei Tipps:
1. Fang mit einer kleinen Farbwelt an: Statt direkt das ganze Zuhause durchzuplanen, hilftes, sich auf zwei bis drei Farbtöne zu konzentrieren, die man wirklich liebt und die miteinander harmonieren. Diese Basis kann man nach und nach erweitern – durch Textilien, Accessoires oder gestrichene Wände (gerne den ganzen Raum denken und nicht nur Akzentwände). So entsteht ein stimmiger Gesamteindruck, ohne dass es überladen wirkt.
2. Farben im Alltag beobachten: Oft merken wir erst im Alltag, welche Farben uns wirklich gut tun. Deshalb: ein bisschen Zeit lassen, Moodboards erstellen, sich inspirieren lassen – und dabei auch auf die eigene Reaktion achten. Was fühlt sich warm an? Was beruhigt? Was gibt Energie?
3. Materialien mitdenken: Farbe ist nie allein – sie wirkt immer im Zusammenspiel mit Oberflächen, Licht und Materialien. Ein sattes Burgunderrot wirkt zum Beispiel ganz anders auf Samt als auf glattem Lack. Deshalb lohnt es sich, Muster zu bestellen, Farben im Raum zu testen und sie mit vorhandenen Möbeln oder Böden abzugleichen. Gerade beim ersten Zuhause darf und soll man experimentieren – der eigene Stil entwickelt sich mit der Zeit. Und oft sind es gerade die kleinen Farbentscheidungen, die einem Raum Persönlichkeit geben.